Label und Legende: die kurze Geschichte von Put Da Needle To Da Records

La Familia: Put Da Needle To Da Records

Ahhhh, die guten alten Put-Da-Needle-To-Da-Records-Zeiten. Das Aachener Label von Fast Forward (Peter Sreckovic), dem F von STF, war im deutschen Untergrund-Sektor seit 1996 eine tonangebende Instanz und gab dem „Deutschrap“ um die Jahrtausenwende die Härte und Ernsthaftigkeit zurück, die in den Vorjahren verlorengegangen war. Für mich persönlich definieren die Releases des Labels die goldene Rap-Ära hierzulande – das PDNTDR-Zeichen war ein Qualitätssiegel, die entsprechenden Platten konnte man ohne nachzudenken oder reinzuhören kaufen. Nach einem rasanten Aufstieg endete die Labelgeschichte 2003 mit einem ebenso rasanten Absturz. Aber von vorne…

1996 – So it begins…

Beginnen müssen wir mit einem schmerzlichen Verlust: Meine CD von Fast Forwards Longplayer Ich und MC Bibabutz verschwand in den 90ern unter ungeklärten Umständen, und ich bin heute noch sauer. Das Ding war in mehreren Hinsichten grandios: Zunächst einmal wäre PDNTDR wohl gar nicht gegründet worden, hätte FaFo nach seinem Weggang von MZEE nicht ein Label gebraucht, um sein Album zu releasen. Das Cover, auf dem der STF-Mann den Rap-Clown MC Bibabutz im Schwitzkasten hält, während die finster blickende Posse dahinter steht, verdient den Preis für das Artwork des Jahres. Musikalisch reiht die LP einen Untergrund-Hit an den anderen, so beispielsweise die Weed-Kritik Denk darüber nach featuring Echo Vee (Actual Proof). Wer hat hier die Blunts gedreht?

1998 – Harte Zeiten unter Tage

Die deutsche Raplandschaft war ’98 von einem begründeten Optimismus beseelt, der Untergrund wuchs, neue Platten kamen auf den Markt, und PDNTDR startete durch. Hier und da wurden über Jahre gepflegte Connections endlich auf Vinyl gepresst. Bestes Beispiel: La Familia, der Zusammenschluss von STF, Stieber Twins, Curse, Busy, Tatwaffe und Raid – so etwas würde man heute wohl als „Supergroup“ bezeichnen. Das Cover gehört gerahmt an die Wand, denn nichts sagt so sehr Harte Zeiten wie Scopemann zwischen Ketchup, Toastbrot und Vollmilch. Die Rückseite ziert – passend zur ebenfalls knallermäßigen B-Seite Wall Street – das Händlerparkett der Börse. Und dank GEMA/YouTube-Sperre gibt’s jetzt auch statt der A- die B-Seite dieser legendären Platte.

1998 ist auch das Jahr, in dem sich Aphroe und DJ Wiz (RAID) mit Galla und Pahel (Filo Joes) zusammenschließen. Die entstehende Ruhrpott AG veröffentlicht kurz darauf das Album Unter Tage. Zu diesem Meilenstein muss man nicht viel sagen, außer vielleicht: Wer die Scheibe nicht kennt, der hat deutschen Rap versäumt. Und zwar komplett.

1999 / 2000 – Der Höhepunkt

Der Gipfel, bevor die Geschichte von PDNTDR zu Ende ging, war 1999. Zunächst feierten STF ihr lang herbeigesehntes Comeback (aber nenn es nicht so) mit einer satten Maxi. Quasi nebenbei verhalf die Scheibe mit dem genialen Quake-Cover einem weitgehend unbekannten Berliner MC namens King Kool Savas endlich zur verdienten Aufmerksamkeit. Nach dem innerhalb der Berliner Stadtgrenzen legendären Westberlin Maskulin Tape mit Taktloss und den denkwürdigen Auftritten bei Beatz aus der Bude darf KKS als Gast auf Ihr müsst noch üben endlich der gesamten Republik mit unaufhaltsamen Flow den Mittelfinger zeigen (und später LMS releasen). Einer der besten Tracks der Deutschrap-Geschichte… gegen dich wirkt Masterboy wie Nas, du Toy

Partner aus dem Wittener Bunker: Creutzfeld & Jakob

Nachdem uns die Medien in den 90ern davon überzeugt hatten, an BSE sterben zu müssen, machten Flipstar und Laki von Creutzfeld & Jakob den Rinderwahnsinn salonfähig: Im Jahr 2000 enterte das Album Gottes Werk und Creutzfelds Beitrag Platz 35 der deutschen Album-Charts. Kurz zuvor war PDNTDR einen Kooperationsdeal mit dem jungen Label Def Jam Germany eingegangen. Mit der Killer-Maxi Partner Teil 1 und 2 etablierten die beiden MCs schon vorher den Wittener Bunker-Style und wurden im Untergrund gefeiert. Das verpeilte Nanana Nananananana aus Partner 2 konnte man glücklicherweise auch unter dem Einfluss diverser Rauschmittel oder Tierseuchen noch vollständig korrekt widergeben. Rabenschwarz ist meine Nacht und düster ist mein Tageslicht, rappt Laki – als Ausgleich zu so viel Dunkelheit wurde dem Track ein äußerst sonniges Video spendiert.

Strictly 4Spur – Home Recordings

Weil die Dinge gut liefen, gründete Arbeitstier FaFo 1999 auch noch das Sublabel Home Recordings, von dem ich noch ein wunderschönes T-Shirt im Schrank hängen habe. Laut FaFo in diesem Interview von ’99 ist das Projekt sowas wie der Sandkasten von PDNTDR – der Name ist Programm, Vier-Spur-Aufnahmen direkt aus dem Wohnzimmer diverser aufstrebender Künstler sind angesagt. Das Tape Hoes, Flows, Moneytoes von Westberlin Maskulin wurde hier auf Vinyl gepresst und (leicht zensiert) unter die Weltbevölkerung gebracht, ein Jahr später erschien WBMs Battlekings, heißer Anwärter auf das beste Battlealbum der Welt. Anfang des neuen Jahrtausend veröffentlichten auch Abstrakkt, Taktloss und weitere Untergrund-Acts ihre Scheiben auf dem PDNTDR-Ableger.

Der Klan macht mehr Randale als Punks an Chaostagen

Auch in Minden gab’s Radau. Die MCs Italo Reno und Germany, selbsternannte Schläger von der Weser und ungekrönte Punchline-Kings, bildeten mit Lord Scan den Klan. Scan bereicherte die Kombo nicht nur durch Reime, sondern vor allem durch seine psychedelischen Beats, die damals ihresgleichen suchten. 1999 brachte das Trio ihre Debüt-Maxi Ultimate Chiefrockers featuring Curse an den Start, die auch den Untergrund-Hit Katzengold enthielt. Vor allem Italo Reno macht hier so ziemlich alles platt, was ihm vor die Flinte kommt.

Ein Jahr später erschien das Album Flashpunks (2000) mit einem einzigartigen Sound, ein absolutes Meisterwerk und vielleicht mein Lieblings-LP-Release von PDNTDR, wenn ich mich entscheiden müsste. Die Beats von Scan sind auf einem anderen Level, dichter lagen Genie und Wahnsinn selten beieinander. Unerreicht bleibt der Track Flashbacks mit seinen diversen Beatvariationen, eine Hymne auf Freundschaft und alte Zeiten, die unter die Haut geht.

2003 – das Ende von PDNTDR

Das letzte PDNTDR-Release kam sieben Jahre nach der Labelgründung in Form von Lennys Album Fight Club (2003) auf den Markt, danach war Sense. Vorher hatten so gut wie alle Künstler das Label verlassen, zum Teil im Streit (siehe den Track gegen Peter von Savas und Germany) – wie so oft ging es auch hier ums Geld. Unter der Webadresse pdntdr.com, auf der man früher alle relevanten neuen Rap-Releases per Mailorder bestellen konnte und wo Chef FaFo noch persönlich Mails beantwortete, findet sich heute das Angebot eines japanischen Outdoor-Ausrüsters. Auch Gutes hält eben nicht ewig, aber zumindest eine Zeit lang sorgte PDNTDR mit dem geballten Talent der gesignten Künstler für einzigartige Releases, die alles Folgende prägten.

Ruhe in Frieden, Put Da Needle To Da Records.

13 Gedanken zu “Label und Legende: die kurze Geschichte von Put Da Needle To Da Records

  1. boa wie schlecht germany auf dem track gegen peter rappt. ansonsten sehr interessant.. ich könnte auch noch mehr solcher beiträge über den alten deutschrap vertragen 🙂 gruß & dope blog yoah..

  2. Klasse! Peter war sicher das Arbeitstier der deutschen Hip Hop Szene, ich glaube der Mann hat nie geschlafen 😉 Sein Solo Album ist vielleicht das beste was ich je an deutsch Rap hören durfte. Und ich bin mir sicher das die Jungs von STF bei einem ihrer vielen Stammtische immer noch an ihrem ersten Album feilen. Peter for President!

  3. später hat Lord Scan noch sehr unerfolgreich eine Mega Soloalbum released… Schade drum! Irgendwie auch ein schwerer Character! aber Flashpunks rules, keine Frage!! heute gibt es noch immer den sogenannten Rapstammtisch in 808 Kölle (Fast F, Tuareg etc.)… Peter nimm endlich meine Freundschaftsanfrage an :)))

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