Wer hat eigentlich Gangsta Rap erfunden? (Wie das alles begann… Special Edition)

Nino Brown
Trotz Style und Gold: Nino Brown war’s nicht…

Wer hat eigentlich Gangsta Rap erfunden? War es Ice-T?  Waren es N.W.A? Oder war es gar Dr. Dre im Alleingang, wie es Die Welt und Der Spiegel allen Ernstes behaupten? Dass die Niggaz With Attitude und Tracy Marrow das von den Medien so getaufte Gangsta-Genre mit ihren Alben populär machten, steht außer Frage, doch die Erfinder waren sie nicht. Denn der Geburtsort von Gangsta Rap liegt zwar schon irgendwie im Westen – aber nicht in Compton, nicht mal an der Westcoast, sondern in West Philadelphia und damit an der Ostküste der USA. Dort veröffentlichte Schoolly D 1985 seinen Track P.S.K. What Does It Mean?. Was sich auf seinem 84er-Debüt Gangster Boogie schon dezent abgezeichnet hatte, führte er hier konsequent fort: Schoolly rappte aus der Ego-Perspektive über Nutten, Drogen, Geld und Knarren, und auch wenn er seine Differenzen letztendlich mit dem Mic regelte, schuf er mit P.S.K. doch die Blaupause für diejenigen Songs des Gangsta Rap, die heute als Meilensteine des Genres angesehen werden. Das P.S.K. im Titel steht übrigens für die Gang Park Side Killers, mit der Schoolly D in West Philly unterwegs war.

Der Einfluss von P.S.K. What Does It Mean? war enorm. 1986 legte Ice-T mit 6 ‚N The Morning nach und ließ die Adidas bei der Flucht vor den Cops auf dem Fußboden quietschen. Die Ähnlichkeit zu P.S.K. ist nicht von der Hand zu weisen, und in Interviews lässt Ice-T immer wieder verlauten, wie sehr ihn P.S.K. beim Schreiben von 6 ‚N The Morning inspiriert hatte. Nicht nur das, vor dem Erscheinen des Tracks rief Ice-T sogar bei Schoolly D an und teilte ihm mit, dass er ein „Westcoast-P.S.K.“ aufgenommen hätte, wie der MC aus Philadelphia in diesem Interview berichtet.

Als ein weiteres Jahr später Boyz In the Hood von Eazy-E (aus der Feder von Ice Cube) aufgenommen wurde, waren die Parallelen zu P.S.K. auch hier deutlich zu erkennen – siehe beispielsweise Eazys legendärer Einstieg Cruisin‘ Down The Street in my 64 / Jockin‘ the freaks, clockin‘ the doe, der stark nach Schoolly Ds Driving in my car down the avenue / Towing on a J, sipping on some brew klingt. Auch die Jungs aus Compton nahmen zu dieser Zeit Kontakt zum Meister aus Philly auf und zollten dem Originator Respekt, wie im oben verlinkten Interview zu lesen ist.

Ab 1987 wurden Texte über Gewalt und den kriminellen Lifestyle sowohl an der West- als auch an der Ostküste üblich, siehe z.B. Just-Ice aus Brooklyn (der schon ’86 einen Track namens Gangster Of Hip Hop draußen hatte), Kool G. Rap mit Riker’s Island oder N.W.As Debüt-Album N.W.A. and the Posse. Und ja, sogar Boogie Down Productions müssen erwähnt werden, wenn es um die Evolution des Gangsta Rap geht: Auf dem Cover ihres Debüts Criminal Minded von 1987 sind KRS-One und Scott LaRock nicht nur mit schwerer Bewaffnung abgebildet, die beiden bereits 1986 erschienen Klassiker South Bronx und My 9mm Goes Bang befassten sich zweifellos mit Gangsta-Thematiken. Der Wandel kam mit dem gewaltsamen Tod von Scott LaRock, nach dem sich KRS-One dem Conscious Rap zuwandte, das Projekt Stop The Violence gründete und zum Teacher wurde.

1988 legten N.W.A mit Straight Outta Compton dann noch einmal eine ordentliche Schippe drauf, was Gewalt und Anstößigkeit anging, und rissen alle Wände hinsichtlich textlicher Offenheit ein. Und auch wenn Gangsta Rap nicht wirklich an der Westcoast geboren wurde, so verbrachte er doch die prägenden Jahre seiner Jugend unter den aus dem Asphalt ragenden Palmen Kaliforniens. Die Props dafür, dass es überhaupt so weit kommen konnte, gebühren aber auf ewig diesem Mann hier:

Schoolly D
Schoolly D

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