Nicht wenige behaupten, er sei der beste Rapper mit den besten Flows, den besten Alben und der besten Frau. Das mag man anders sehen, unbestritten ist alllerdings die Tatsache, dass Shawn Carter aka Jay-Z einer der erfolgreichsten Rapper aller Zeiten ist. Nicht nur in finanzieller Hinsicht hat der Mann, der seine ersten CDs aus dem Kofferraum heraus verkaufte, einige Veränderungen hinter sich; auch sein Rapstyle wandelte sich über die Jahre extrem – so hatte Nas‘ Zeile You used to rap like the Fu-Schnickens auf dem Diss-Track Stillmatic (Freestyle) durchaus ihre Berechtigung, wie wir gleich sehen werden.
Aber der Reihe nach: Der Startschuss für Jay-Zs Karriere fiel vor 28 Jahren: Als Teil der Crew High Potent droppte er auf der Single H.P. Get Busy (1986) seine erste offizielle Strophe. Weitere Mitglieder von High Potent waren Easy LB und Joy (von denen man nie wieder etwas hörte) sowie Jaz-O, ein Rapper aus Brooklyn mit Untergrund-Fame und gleichzeitig Kopf der Gruppe.
Gleich vorweg: Ohne Jaz-O hätte es Jay-Z wohl nie gegeben. Der fünf Jahre ältere MC war so etwas wie der Mentor des jungen Shawn Carter, gab ihm seinen Namen und nahm ihn zu Auftritten mit. Als Jaz Ende der 80er auf Double-/Triple-Time-Flows umschwenkte, tat es ihm sein Schützling gleich – gut zu sehen im folgenden Video von 1989: Hier zeigen der Meister und sein komplett in Rosa gekleideter Lehrling auf dem Beat von EPMDs So Whatcha Sayin‘ (auch bekannt als Titeltrack von YO! MTV Raps), was das verbale Maschinengewehr im Live-Einsatz taugt.
Im berüchtigten Clip zu Hawaiian Sophie (vom Album Word To the Jaz, 1989) von Jaz-O ist Jay-Z ebenfalls zu sehen und kurz zu hören. Das Video ist ein guter Lacher – ein Flug nach Hawaii oder zumindest eine Fahrt an den Strand waren wohl nicht im Budget vorgesehen, so wurde vor einer Billigkulisse gedreht, die mich an meine Schulaufführung von Tabaluga erinnert. Zu allem Überfluss wird auch mit einer Ananas gescratcht (ein Trend, der sich nicht durchsetzen konnte – dachte ich zumindest, bis ich den Teaser zum neuen Video von Nikki Minaj sah).
Die Zusammenarbeit setzte sich auch auf Jaz-Os zweitem Album To Your Soul von 1990 fort: Auf The Originators ist Shawn Carter ungefähr 21 Jahre alt, sieht aus wie 12 und rappt mit 120 km/h. Die ehrfürchtigen Blicke Jays in Richtung Jaz zeigen, wer hier (noch) der Chef ist.
Anfang der 90er begann Jay-Z, sich aus dem Schatten seines Lehrers herauszulösen. Es folgten Kollabos mit Big Daddy Kane, Mic Geronimo und Big L. Dem Doubletime-Flow kehrte er ab 1994 nach und nach den Rücken, um sich mehr auf Inhalte statt auf Technik konzentrieren zu können. 1995 legte er dann mit Reasonable Doubt den Grundstein für das Imperium, das er heute sein eigen nennt. Jaz-O tauchte noch ab und an als Produzent (er baute z.B. den Beat für den Hit Ain’t No Nigga) oder Feature-Gast beim ehemaligen Schüler auf, bevor sich die beiden heftig zerstritten. Trotz diverser ausgetauschter Diss-Tracks blieb ein Funke Respekt für den Ex-Meister übrig – so rappte Jay-Z auf dem Ludacris-Track I Do It for Hip Hop die Zeilen Shout out to Grandmaster Flash and to Caz and even Jaz‘ bum ass… immerhin.