Willie D: Geto Boys, Golden Gloves und glatzköpfige Nutten

Willie-D-ControversyWillie D ist eine Legende. Er ist der Mann, der den Schnauzbart im Rap-Game hätte salonfähig machen können – hätten nicht alle zu viel Angst davor gehabt, seinen Style zu biten. Der Respekt vor dem Ex-Boxer, der seine Lyrics im Kasernenhof-Ton ins Mic rappte, war groß. Ein früherer Kumpel von mir, der Konflikte immer sehr offensiv handhabte, attestierte damals mit Blick auf das Cover von The Geto Boys, Willie D sei der einzige der vier Abgebildeten, mit dem er sich nicht schlagen würde. Vielleicht ist der laute Mann aus Texas mit der „drill sergeant delivery“ (O-Ton J-Zone) und der imposanten Statur aber auch einfach nur ein missverstandener Riese mit einem Herz aus Gold. Immerhin ist er heute als Lebenshilfe-Berater tätig… aber dazu später mehr. Zunächst folgt eine kleine Zusammenstellung von Tracks, die die gefühlvolle Seite des gefürchteten Geto Boys aus dem 5th Ward dokumentieren sollen.

Zunächst wäre da die unfassbar romantische Sweet-Home-Alabama-Schändung Gangster Of Love, auf der Chef-Schnauzer Willie D sich nebst Kollegen Scarface und Bushwick Bill als Ladies Man outet, der weiß, was die Frauen wollen wie Mel Gibson. Wer auch immer das Sample für diesen Track von Lynrd Skynrd geklärt hat, muss ein verdammtes Genie in Sachen Verhandlungsgeschick gewesen sein. Bei Willie D wird hingegen nicht verhandelt. Um sein Herz zu gewinnen, müssen die Auserwählten den texanischen Liebestest bestehen… Und If the test consists of fucking my whole crew, then bitch, god-damn, thats what you gotta do. Klingt fast wie einer von diesen Liebe ist… Sprüchen, oder?

Legendär sind Willies Styling-Tipps für glatzköpfige Fff…Frauen aka Bald Head Hoes, ein Manifest, das die Weiblichkeit an sich zelebriert. Im Video ist William als gut angezogener Ghetto-Reporter unterwegs im Namen der ungezähmten Haarpracht und gegen chemische Zusätze im Shampoo. What the fuck is goin on in this god damn world / What are you bitch, a boy or a girl? fragt er betroffen in die imaginäre Runde kahlgeschorener Bitches. Allerdings nur in der expliziten Version, zu finden auf dem 1989er-Album Controversy. Die Radio-Version, zu der ein Video gedreht wurde, ist kaum wiederzuerkennen (führt man sich den Text des Originals zu Gemüte, dann weiß man auch, wieso). Aber mal im Ernst: Zensiert oder nicht, es gibt eigentlich kaum etwas, das mehr „Leckt mich am Sack“ sagt, als einen Track wie Bald Head Hoes auszukoppeln und noch einen Clip dazu zu drehen. Könnte man sowas in der heutigen Welt noch bringen? Kaum. Meine Hochachtung, Neunzehnhundertneunundachtzig.

Auch auf seinem zweiten Solo-Album Goin‘ Out Lika Soldier (1992) schoss der Texaner scharf – und ich meine nicht die Todesdrohung gegen Rodney King (subtil Fuck Rodney K. betitelt), sondern Amors Pfeile in Richtung Frauenherzen. Seine Vorliebe sowohl für die vernachlässigten Damen als auch für geschmackvolle Hemden kommt im Video zu Clean Up Man bestens zur Geltung. Es gibt hier kaum noch Zweifel, dass das D im Namen eigentlich für Don Juan steht. Der smooth-sympathische Wahnsinnige, der die Hookline „singt“, stiehlt Willie zwar fast die Show… aber nur fast. Mit Zeilen wie If you gotta beat her / You don’t need her nimmt er das Heft eindeutig wieder in die Hand und zeigt schon 1993 eine Tendenz in Richtung praktischer Lebenshilfe. Der Boss in bunt hat das Herz einfach am rechten Fleck.

Aber auch ein verständnisvoller Kerl wie Willie D hat Grenzen, wenn die Damen es zu wild treiben. Ist die Geduld am Ende, dann heißt es: You gotta Let A Ho Be A Ho. Erneut ein guter Rat, denn Mann kann sich bei aller Liebe nicht alles bieten lassen. Hoes werden hier deshalb gleich reihenweise in die Schranken verwiesen. Willie D fasst in unnachahmlicher Weise zusammen, welche dramatischen Auswirkungen das Spiel einiger Frauen auf den klaren Männerverstand haben kann: Crazy motherfuckers fightin over hoes, silly for they asses and jumpin out of windows! Aber nicht mit ihm. Sein Rat: Nicht traurig sein, wenn sie dich sitzen lässt, denn You ain’t the first to be dumped by a god damn whore! Sag es laut!

Na gut. Ich gebe zu, sieht man sich einige Zeilen genauer an, dann kann an der eingangs erwähnten These vom Herz aus Gold gezweifelt werden. Keinen Zweifel gibt es allerdings an den goldenen Handschuhen des Willie D: 1985 wurde er Golden Gloves Champion im Staate Texas und war auf dem besten Wege, Profi-Boxer zu werden, bevor dieses Rap-Ding dazwischenkam und Fressen nur noch verbal poliert wurden. 1992 holte er den Mundschutz noch einmal aus der Kiste und verpasste im Rahmen eines Celebrity-Matches Melle Mel (Member der Furious Five und mit dem nach eigener Aussage „besten Body im Entertainment-Business“ gesegnet) eine klassisch-texanische Abreibung.

Und heute? Heute hat Willie D den Schnauzer abgelegt, nur um sich des Wohls aller Menschen anzunehmen. Seine Online-Kolumne Ask Willie D ist die logische Konsequenz aus den vergangenen 20 Jahren. Dort hilft er kostenlos in jeder Lebenslage weiter: Du stehst als Frau auf einen hässlichen Typen? Frag Willie. Du hast Dich als Kerl mal wieder in eine Stripperin verliebt oder schämst Dich für Deinen Fuß-Fetisch? Kopf hoch, Willie weiß Rat. Eine gute Nachricht für geplagte Seelen: Das Buch zur Kolumne ist in Arbeit!

Willie-D.com
Verständnisvoll: Willie D

Die beste Hilfe in allen Lebenslagen und optimal geeignet zum Stressabbau sind aber immer noch seine Alben. Also holt Controversy, Goin‘ Out Lika Soldier oder Play Witcha Mama aus dem Schrank, dreht die Lautstärke hoch und salutiert!

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