Everything is going according to plan: Wie aus Zev Love X der Supervillain MF Doom wurde

Als ich die ersten Tracks von MF Doom und sein Album Operation: Doomsday (1999) hörte, hatte ich keine Ahnung, dass ich den maskierten Mann schon fast eine Dekade lang kannte. Rückblick: 1990 lief bei YO! MTV Raps die Prince-Paul-Produktion Gas Face rauf und runter, der erste semi-offizielle Hit der New Yorker Crew 3rd Bass. MC Serch, Prime Minister Pete Nice und DJ Richie Rich wurden auf diesem Klassiker von einem gewissen Zev Love X unterstützt, der hier sein Rap-Debüt ablieferte.

Bereits seit 1988 bildete Zev Love X, bürgerlich Daniel Dumile, zusammen mit seinem Bruder DJ SubRoc und dem Rapper Rodan (später abgelöst durch MC Onyx) die Gruppe KMD. 1991 erschien ihr erstes eigenes Projekt, das von SubRoc und den Stimulated Dummies produzierte Album Mr. Hood. Features kamen von Grand Puba und Brand Nubian, im Video zur Singleauskopplung Peach Fuzz gaben sich Pete Nice und MC Serch die Ehre und erwiderten den Vorjahresgefallen. Der positive Vibe des Tracks steht exemplarisch für das Album, vom Sound her liegt der Vergleich mit dem frühen Output von Acts wie Jungle Brothers oder De La Soul nahe – allerdings mit einer deutlich politischeren Attitüde. Zu diesem Zeitpunkt ahnte niemand, wie tragisch die Geschichte von KMD enden sollte.

1993 kam SubRoc bei einem Autounfall in New York ums Leben. Zev Love X verschrieb sich der Fertigstellung des KMD-Folgealbums Black Bastards, nur um mit ansehen zu müssen, wie dieses vor dem Release-Termin aufgrund des umstrittenen Cover-Artworks eingestampft wurde: Ein Musikjournalist hatte mit einer ungesunden Mischung aus Übereifrigkeit und Ignoranz den großen Skandal gewittert und das Label Elektra wegen des Coverbildes scharf angegriffen. Damit nicht genug: Die Plattenfirma beschloss kurz darauf, KMD vom Label zu werfen. Innerhalb weniger Monate hatte sich das Leben von Dumile in einen Scherbenhaufen verwandelt.

Ein Bild aus besseren Tagen: Zev Love X, Subroc, Onyx

Zev Love X kehrte Hip Hop den Rücken, zog in den folgenden Jahren von Depressionen geplagt durch die Straßen New Yorks und übernachtete auf Parkbänken (Quelle). Erst 1997 fand er zur Musik zurück und trat inkognito in den Open-Mic-Cafés des Big Apple auf, das Gesicht versteckt unter einer Strumpfmaske. Die unveröffentlichte LP Black Bastards hatte in der Zwischenzeit als Bootleg für Furore gesorgt und wurde in Untergrund-Kreisen heiß gehandelt. Inspiriert von Dr. Doom, dem Erzfeind der Fantastischen Vier, kam es nun zur endgültigen Verwandlung des MCs: Aus der Nylonmaske wurde Metall, aus Zev Love X wurde Metal Face Doom, und 1997 erschienen die ersten Maxis auf Fondle’Em Records – zuerst Greenbacks, dann Dead Bent.

Das 1999 erschienene und komplett selbst produzierte Album Operation: Doomsday machte deutlich, das zwischen den Rappern Zev und Doom Welten lagen. Während man KMD einer bestimmten Richtung zuordnen konnte und die Einflüsse relativ deutlich herauszuhören waren, schlug Operation: Doomsday gänzlich neue Wege ein. Sowohl in punkto Rap als auch produktionstechnisch verweigerte sich das Teil sämtlichen Schubladen. Die Tracks waren größtenteils düster, komplex verschachtelt und spielten in einem eigenen, seltsamen Universum. Kennt man den Hintergrund der Transformation von Zev Love X zu MF Doom, kann man vielleicht besser verstehen, warum Dooms Musik so klingt wie sie klingt. Auf dem Meisterstück ? (Questions) featuring Kurious lässt er seinen Bruder SubRoc wissen, wie die Dinge laufen.

[quote cite=“MF DOOM – ?“]“I keep a flick of you with that machete sword in your hand / everything is going according to plan, man“[/quote]
RIP SubRoc

In den Jahren nach seinem ersten Album war der Output Dooms gigantisch – während seiner musikalischen Abwesenheit hatten sich Unmengen an kreativen Ideen angestaut. Unter diversen Pseudonymen (King Geedorah, Viktor Vaughn) legte er eine LP nach der anderen auf den Tisch und baute sich so eine kultartige Fanbase auf. Für mich persönlich bildet die Ära zwischen 1997 und 2004 den Höhepunkt von Dooms Schaffen, vor allem die Kollabos mit MF Grimm sind ohne Einschränkung Pflicht. Neuerdings gibt es auch Hoffnung für das sehnsüchtig erwartete MF Doom/Ghostface Killah-Album: 2011, mehr als 20 Jahre nach Zevs Einstand auf Gas Face, haben Doom und Tony Starks die Arbeit an ihrem Kollabo-Projekt wieder aufgenommen (Quelle).

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