Wenn jemand von der berühmt-berüchtigten Realness ein Lied singen kann, dann ist es Charnell aus Berlin City. Der Mann hat mit 4 4 Da Mess hierzulande schon Straßenrap der authentischen Sorte gemacht, als es in Deutschland noch gar keinen Straßenrap gab. Das Video zur ersten und einzigen Single Mein Leben lief ab 1997 auf VIVA und im Berliner Lokalfernsehen, und der Sound war einzigartig – ich kannte zur damaligen Zeit jedenfalls nichts Vergleichbares auf diesem Level. Über die komplette Crew weiß ich nicht allzu viel. Neben Charnell war noch TMO am Start (später waren die beiden als Duo Da Fource unterwegs), produziert wurde der Track von Tom-As, dessen Name später auch auf den Releases der Spezializtz und von DJ Tomekk auftauchte. Gesignt waren 4 4 Da Mess auf Chlodwig Musik, einem auf erfolgreiche Pop-Acts aus Deutschland spezialisierten Label, das als BMG-Tochter wohl die nötigen finanziellen Mittel zum Pushen seiner Künstler hatte, was den Profi-Clip und die TV-Rotation erklärt.
Dass Mein Leben nicht steil durch die Decke ging, lag meiner Meinung nach schlicht daran, dass das Lied seiner Zeit weit voraus war. 1997 wurde die Szene von den Stuttgartern, Hamburgern und Heidelbergern beherrscht, die ihr Ding machten, aber andere Themen auf den Textblättern hatten als Straßenshit nach amerikanischem Vorbild. Die Battle-Rap-Welle steckte noch im Anfangsstadium, und bis Aggro und Co. ihre Version von Straßenrap auf Deutsch kommerziell groß aufzogen, in die Charts brachten und in eine Geldmaschine verwandelten, sollten noch Jahre vergehen. Mit anderen Worten: Das Land war noch nicht bereit für die Geschichten aus Berlin.
Und so ereilte 4 4 Da Mess bzw. Charnell dasselbe Schicksal, das vielen anderen Pionieren auch nicht erspart blieb: Ihnen wurde nicht die Anerkennung zuteil, die sie verdient gehabt hätten. Während beispielsweise das ebenfalls ’97 erschienene Tape Hoes Flows Moneytoes von Westberlin Maskulin heute als Grundstein der Berliner Battlelyrik anerkannt wird, redet kaum einer von 4 4 Da Mess, wenn es um deutschsprachigen Straßen- oder Reality-Rap geht. Ein aktuelles Beispiel ist die letztens im ZDF gelaufene Doku Auf die Fresse! Straßenrap in Deutschland, in der Mein Leben mit keinem einzigen Wort erwähnt wird.
Hatte der nicht auch Deso Dogg gefunden?