Geht es um Rap aus Schweden, dann denkt man in erster Linie an Looptroop und Promoe oder Timbuktu. Wer etwas tiefer in der Materie drinsteckt, dem fallen Namen wie Infinite Mass oder The Latin Kings (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Straßengang aus Chicago) ein. Eine Gruppe fehlt jedoch in den umfangreichen Auflistungen, die beispielsweise der englische Wikipedia-Artikel zu Swedish Hip Hop bietet: Sherlock. Bedauerlich, veröffentlichten die Member Thomas Rusiak, Peewee, Speedknock und Seb-Roc aka Mathematic 1997 mit dem englischsprachigen Album Made to Measure einen echten Klassiker, der auch internationalen Vergleichen standhält.
Der Sound ist stark von den NYC-Sachen der damaligen Zeit inspiriert. Hätte mir jemand das Album gezeigt, ohne zu erwähnen, woher die Jungs kommen, hätte ich sie eindeutig der US-Ostküste zugeordnet – liegt wahrscheinlich auch daran, dass im skandinavischen Raum allgemein ein hervorragendes Englisch gesprochen wird.
Zurück zum Album: Geboten werden 15 Tracks mit diversen Feature-Gästen aus der schwedischen Heimat, die es allesamt in sich haben. Trotzdem sticht ein bestimmter Tracks gleich beim ersten Durchhören heraus: Vipers. Das geniale Sample wurde mit gebührend-fetten Drums unterlegt, der Rap steht dieser Qualität in nichts nach.
Weitere Anspieltipps: Bleeding Facts, der Titeltrack Made To Measure sowie das Outro Résumé. Insgesamt ein ausgezeichnetes, samplelastiges Album mit durchweg schweren Beats. Wer keine 80 Tacken für ein gebrauchtes Exemplar hinlegen will, der findet das Teil z.B. hier.
Schon vor dem Album-Release hatte die Crew ein paar Singles draußen: 1995 waren sie mit dem chilligen Time Breathin‘ am Start, ein Jahr später kam dann die nächste Maxi, die mit It’s all Good und Sherlock weitere entspannte Tracks bot, dazu aber noch die wesentlich dunkler produzierten Stücke Ya’ll Don’t Really Know und Midnight Show an Bord hatte. Erneut hätten diese Songs auch aus einem x-beliebigen verrauchten Kellerstudio in Brooklyn stammen können.
http://www.youtube.com/watch?v=pK8JRVBxwc0
Es ist verwunderlich, dass es bei diesen wenigen Releases blieb, bevor die Crew getrennte Wege ging. Solo blieben zumindest einige Mitglieder weiterhin aktiv: Thomas Rusiak produzierte 1999 den Track Frozen von Slick Rick ft. Raekwon auf der LP The Art of Storytelling, zusammen mit Peewee macht er heute unter dem Namen Still Pee & Ru Musik. Seb Roc taucht alle Jahre wieder mal auf diversen Veröffentlichungen als DJ oder Producer auf. Sherlock bleibt damit ein einzigartiges Projekt aus der Kategorie „hätte mehr draus werden können“.
2 Gedanken zu “Sherlock – Vipers / Made To Measure LP (Schweden, 1997)”