Wie 2Pac fast die Welt verändert hätte – Telefonat mit Monster Kody (1995)

Vor einigen Tagen ist ein interessantes Telefonat zwischen zwei Männern im Netz aufgetaucht, die denselben Nachnamen tragen. Der eine ist Rap-Legende Tupac Amaru Shakur, der andere Sanyika Shakur, besser bekannt als Monster Kody. Letzterer brachte es durch ein 1993 veröffentlichtes Buch zu einiger Bekanntheit – geschrieben im Hochsicherheitstrakt des Pelican Bay State Prison, schilderte das ehemalige Mitglied der Eiht Tray Crips darin sein Leben mit der und für die Gang. Den Spitznamen Monster erhielt er bereits in jungen Jahren, nachdem er einen Mann dermaßen mit Tritten malträtiert hatte, dass dieser bleibende Schäden davontrug. Das Buch erschien damals im Heyne-Verlag und ist eine unverzichtbare Lektüre, wenn man sich für die Gangkultur und das allgemeine Klima in den Ghettos der Westküste interessiert.

Monster Kody - Buchcover 1993

Aber zurück zum Anruf 2Pacs bei „Monster“, der 1995 aufgezeichnet wurde: Die beiden Shakurs plaudern locker über dieses und jenes und tauschen Knaststories aus. 2Pac erzählt stolz von seinem in Kürze erscheinenden Album All Eyez On Me und den namhaften Feature-Gästen, der kürzlich aus der Haft entlassene Sanyika hat scheinbar auch einiges am laufen, beispielsweise eine Filmbiografie mit dem damals noch recht unbekannten Regisseur Antoine Fuqua. Zudem äußert 2Pac sich zum vermuteten Komplott gegen ihn, das dazu führte, dass er 1994 in den New Yorker Quad-Studios niedergeschossen wurde. Dieser Überfall markiert auch den Beginn der erbitterten Fehde mit The Notorious B.I.G., dem Pac zumindest eine Mitwisserschaft unterstellte. Das unmittelbar nach der Attacke entstandene Foto, wie er mit fünf Kugeln in Kopf und Körper auf der Bahre in den Krankenwagen verfrachtet wird und den Umstehenden den Mittelfinger zeigt, ging damals um die Welt.

Der schwer verletzte 2Pac nach dem Überfall in den Quad Studios, New YYork (1994, Foto via UpNorthTrips)
Der schwer verletzte 2Pac nach dem Überfall in den Quad Studios, New York (1994, Foto via UpNorthTrips)

Interessant wird es, als 2Pac den Grund seines Anrufes darlegt: Er möchte die schwarzen Nachbarschaften durch Community-Projekte reformieren und dafür auch den Ex-Gangmember Sanyika rekrutieren. Kinder sollen von der Straße geholt und in Sportvereine gesteckt werden, prominente Vertreter der Hip-Hop-Szene sollen Patenschaften übernehmen und Gratis-Konzerte geben. Ein weiterer Eckpunkt des Konzepts: Bekannte Rapper wie Ice Cube, Redman oder Treach von Naughty By Nature sollen mit Pac zusammen Drogendealer in den Großstadtghettos auf Augenhöhe davon überzeugen, die Straßen zwischen 6 Uhr morgens und 11 Uhr abends sauber und friedlich zu halten. Aber 2Pac wäre nicht 2Pac, wenn er nicht eine Nummer größer gedacht hätte: Bei regelmäßigen Blockpartys im Rahmen des Projektes sollen die Menschen nicht nur eine gute Zeit haben – er will die Zusammenkünfte auch zur Registrierung von Wählern nutzen. ((Kurz zur Erläuterung: In den USA muss sich jeder Wahlberechtigte zunächst registrieren, um überhaupt wählen zu dürfen, da es keine Meldeämter gibt. Dieser Umstand wird immer wieder für die sehr niedrige Wahlbeteiligung in den USA verantwortlich gemacht. Verurteilte Straftäter sowie Inhaftierte sind generell von der Wahl ausgeschlossen.)) Mit den Listen der potenziellen Wählerstimmen, so die Idee, könne Druck auf die Rathäuser der jeweiligen Städte ausgeübt werden, um Verbesserungen der Lebensumstände in den benachteiligten Nachbarschaften zu erreichen.

Das klingt sehr ambitioniert – aber ganz ehrlich, wenn jemand so etwas auf die Beine hätte stellen können, dann 2Pac. Die besten Voraussetzungen für so ein Projekt brachte er mit: Bekanntheit, Charisma, Connections sowie die Vorreiterrolle innerhalb einer Kultur, die auf Jugendliche aller Hautfarben und Schichten eine starke Faszination ausübte. Er gab trotz des Ruhms den sozial Benachteiligten eine Stimme und wurde von seinen Anhängern wie der Messias gefeiert. Die Vorstellung einer politischen Mobilisierung dieser Massen muss für einige Kreise äußerst bedrohlich gewirkt haben, zumal sie durch einen einflussreichen Künstler erfolgt wäre, der schlicht und einfach nicht zu kontrollieren war und keinen Hehl aus seinem revolutionären Gedankengut machte.

2Pac auf dem Cover der VIBE, 1994
2Pac auf dem Cover der VIBE, 1994

2Pac war gerade einmal 24 Jahre alt, als er seine Idee einer „Hood-Reform“ hegte. Ihn als Friedensaktivisten oder gar Heiligen darzustellen, wäre jedoch falsch. Insbesondere nach der Schießerei in den Quad-Studios waren Statements und Aktionen des Musikers immer wieder von Negativität und Verbitterung geprägt, worunter seine Vorbildfunktion litt. Ein Jahr später holte ihn all das ein, als er bei einem Drive-By-Shooting in Las Vegas von mehreren Kugeln tödlich getroffen wurde. Man überlege, was hätte geschehen können, wenn es ihm gelungen wäre, den negativen Aspekten in seinem Leben den Rücken zu kehren und seine Pläne zu verwirklichen. Dabei ging 2Pac selbst nicht davon aus, dass er die Welt verändern wird, wie er 1994 in einem Interview mit MTV sagte: „I’m not saying I’m gonna […] change the world, but I guarantee that I will spark the brain that will change the world.“ ((Link zum Interview, dem das Zitat entstammt)) Mit ein bißchen mehr Zeit auf der Uhr hätte er da vielleicht Unrecht gehabt.

Das Telefonat zwischen 2Pac und Sanyika Shakur in voller Länge


Fußnoten:

10 Gedanken zu “Wie 2Pac fast die Welt verändert hätte – Telefonat mit Monster Kody (1995)

  1. TUPAC HÄTTE ES AUF JEDENFALL GESCHAFT DIE WELT ZU VERÄNDERN WENN JEMAND DAS SCHAFFT DANN DER, TUPAC WAR IN DEM SINNE KEIN NORMALER MENSCH WAS VIELE VERGESSEN, TUPAC WAR DER ODER BESSER GESAGT IST DER BESTE DER SCHLAUSTE UND DER GENIALSTE RAPPER MENSCH ÜBERHAUPT, FÜR MICH AUFJEDEN FALL, UND VIELE ANDERE AUCH, GRUSS FRED,

  2. Ich verstehe englisch nicht so gut, ich bemühe mich aber der Slang und dieses genuschel + schlechte Qualität gibt mir den Rest.

    2Pac hatte mit 25 einen Status den ich mir mit 30 nicht vorstellen kann. Wenn ein schwarzer dann er.
    Wenn man neutral betrachtet: schwarze bringen sich gegenseitig um, muslime, weiße, alles nur des Geldes wegen…

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